Kulturelle Landpartie – KLP im schönen Wendland
Hier geht es zum ersten Teil der KLP im Wendland.
Was ist die Kulturelle Landpartie im Wendland? Dafür schaut am besten auf der KLP Seite. Für uns persönlich waren es vier superspannende Tage mit eindrucksvollen Momenten, tollen Begegnungen und anregenden Gesprächen im schönen Wendland. Und auch Rad fahren kann man zwischen dem Drawehn-Höhenzug, der Lüneburger Heide und der Elbe vom Feinsten.
Tag 3 der Kulturellen Landpartie im Wendland ca. 67 km
Kein Frühstück und Hunger im Wald
Clever wie wir sind, haben wir nichts eingekauft. D.h. kein Wasser, kein Brot sprich kein Frühstück. Blutige KLP-Anfänger eben. Unsere Verplanungskünste haben wir ja weiter oben bereits erwähnt. Wo und wie wir genau schlafen, konnten wir uns bei der Planung auch noch den ersten Tagen noch nicht wirklich vorstellen. Einen Apfel haben wir aber noch in der Tasche. Zum Glück gibt es gute Freunde, die einen Apfel als Tauschware akzeptieren (oder Mitleid haben) und so bekommen wir ein wahres Festmahl mitten im Wald bei Sonnenschein. Ein dickes Danke an dieser Stelle an Jörg und Laura!
Stille im Wald und ein Camp voller entspannter Leute. Das Wendland eben.
Es ist still im Wald, als wir um den Tisch sitzen, auch der Rest der Festivalmenschen steht langsam auf, Frühstück oder liegt einfach nur in Hängematten. Jeder für sich, nur die Geräusche des Waldes im Hintergrund und doch hat man das Gefühl einer Gemeinschaft anzugehören, die für etwas Wichtiges friedlich kämpft. Der Platz ist einfach zu schön und somit kommen wir erst gegen 13 Uhr wieder aufs Rad. Eine Fahrradkette muss noch fix geölt werden und siehe da es läuft viel besser – somit steht dieser kleine Helfer jetzt auch hier.
Ein Stück Elberadweg liegt vor uns, ist das auch noch das Wendland?
Wir sind schon relativ weit nordöstlich, d.h. an der Elbe und so wollen wir zumindest kurz auf dem Elberadweg fahren, mit frisch geölter Kette laufen die Kilometer, trotz Gegenwind, fast wie von selbst.
Das Publikum wechselt in Richtung grau und mit Motor und es sind an diesem sonnigen Wochenende viele Fahrräder an der Elbe unterwegs. Elbe alles schön und gut, aber wir wollen zurück nach unserem Bullerbü.
Nächste Stop Hitzacker an der Elbe
Der Ort entpuppt sich als schönes Touristädtchen, hier mischen sich Elberadwegradler mit Stadttouristen und Menschen von der Kulturellen Landpartie. Komisch, aber irgendwie ganz anders als die anderen Wunderpunkte auf dem Land. Hitzacker fällt definitiv aus dem Rahmen. Am Wunderpunkt “Chor” gibt es Kuchen, Linsen, Bio-Bier und Chorgesang. Irgendwie nicht ganz unsere Welt, mal von der Verpflegung abgesehen.
Die Sonne bremst und macht träge
Auch wenn es in der Sonne schön ist, wollen wir noch nach Meuchefitz. Meuchefitz soll ein Highlight der KLP im Wendland sein. Ein wirklich großer Nachteil an der KLP ist, dass es überall wunderschön ist, etwas zu essen und zu schauen gibt. All das erschwert jedes Mal das eigentliche Weiterkommen, ist es aber dennoch wert.
Ob er wirklich gezaubert hat, können wir gar nicht sagen, cool war es trotzdem
Zack – nächster Zwischenstopp bei Magic Seth in Küsten, eine Mischung aus Captain Jack Sparrow, irischem Barkeeper, Lebenskünstler und Marktschreier. Sympathischer Typ jedenfalls. Ein weiterer Pluspunkt für diesen Wunderpunkt ist, dass das Bier nur 1,50 € kostet. Herrlich! Quasi ohne Großstadtzuschlag.
Apropos Großstadt
Auf dem Weg nach Meuchefitz treffen wir einen Menschen, der hier lebt und der uns die Frage nach der Einwohnerzahl des Ortes nicht so ganz beantworten kann. Irgendwas zwischen 30 und 50. Je nachdem wie viele Menschen so in dem Gasthof leben und in der Haus-WG im Ort, meint er. Das würde sich immer mal wieder ändern… Ai wo fahren wir da nur hin? Weiter strampeln – Bums – es ist Festivalzeit. Viel größer als gedacht und eine Menge Leute! Das kleine Dorf wandelt sich so zu einer kleinen Stadt aus Zelten, Bullies und einem sehr bunten (mit Tendenz zu schwarzen Klamotten) Publikum.
Kurz durchatmen und ankommen – Schrebbelpunk rund um einen alten Gasthof
Die Kälte vom letzten Tag hat sich verflüchtigt und es knallt die Sonne von oben und der blaue Himmel macht Lust auf mehr Musik und schräg-sympathische Typen. Wir suchen uns einen freien Stellplatz auf der Wiese und bauen fix unser Zelt auf und dann ab zum Gasthof. Es gibt Pommes in Knoblauch-Öl frittiert (meeeega lecker) ein DIY Kino abgehangen mit Bettlaken, eine Open-Air-Bühne und eine kleine Werkstatt, in der sich gefühlt zu viele Leute plus Band tummeln.
Exkurs Gasthof Meuchefitz im Wendland
Der Gasthof hat eine interessante Geschichte, und mindestens einen Absatz hier verdient. 1980 wurde der Gasthof nach der Räumung eines Bohrplatzes zum Treffpunkt des Widerstandes gegen das Atomprojekt Gorleben. 1984 ist der Gasthof, welcher bis heute Treffpunkt für kritische und Widerstandsgruppen bietet, komplett abgebrannt und über zwei Jahre neu aufgebaut worden. Seitdem bietet er Raum für ein selbstbestimmtes, kreativeres und menschlicheres Leben. Das sind nicht unsere Worte, aber besser kann man es wohl nicht ausdrücken. Dabei versteht sich der Gasthof nicht als Insel des Widerstandes und möchte einen kontinuierlichen Austausch und Disskurs mit Leuten aus der Stadt wie auf dem Land ermöglichen. Ohne das Land kann auch die Stadt nicht, das wir Kinder- und Jugendgruppen im Landurlaub wieder nähergebracht.
Ein tolles Projekt und einen Besuch wert, wie wir finden. Nicht nur um die Natur zu erleben und die Leute vor Ort zu verstehen, sondern auch einfach um ein Bier bei einem leckeren Essen zu genießen. Denn es wird nicht nur die Welt verändert, sondern auch super gekocht!
Die Luft ist eine Mischung aus Bier, warmer Luft und dem damit einhergehenden Schweiß
Muss man mögen, gehört aber irgendwie auch dazu. Wir lassen uns über das Gelände treiben, treffen alte Bekannte vom Vortag und lassen den Tag bei Punk und Pils gemütlich ausklingen. Gegen Mitternacht zwingt uns die Klamottenwahl, vornehmlich die kurze Hose zum Abbrechen des Abends. Blauer Himmel heißt nämlich auch sternenklare Nacht und damit auch im Mai noch saukalt!
Man wird klüger und aus Fehlern lernt man? Nein danke!
Ach ja einkaufen und aus Fehlern soll man lernen – haben wir beides nicht gemacht und so füllen wir Wasser in leere Bierflaschen, um zumindest die Zähne zu putzen und morgens einen Kaffee zu trinken. Vor 15 Jahren hätten wir uns wahrscheinlich gefeiert, jetzt ist es eher die Notlösung und etwas unangenehm sich mit “Bier” die Zähne zu putzen. Trotzdem fällt man hier damit nicht auf.
“Was siehst du? Fünf Sterne” oder auch mehr – es ist sternenklar
Die Nacht ist sternenklar und wir sind begeistert von dem Anblick des Himmels über uns. Ein Hamburger Jung, der sich irgendwie zu uns ins Vorzelt verirrt hat, ist ebenfalls sprachlos. Alle, die eher ländlich wohnen, Fragen sich jetzt sicher warum, aber guckt mal nachts in einer Stadt in den Himmel. Sterne gibt es da nicht. Trotz Firmament sind wir hundemüde und der Punkrock im Hintergrund wiegt uns sanft in den Schlaf.
Gute Nacht Meuchefitz und Rock on!
Letzter Tag der Kulturellen Landpartie im Wendland ca. 63 km
Wir wachen etwas traurig auf und das, obwohl die Sonne über der Wiese lacht, aber schon ist der letzte Tag unserer Reise. Es geht zwar noch nicht zurück, aber komisch ist es schon. Genug der Weinerlichkeit, einen großen Schluck Wasser aus der Bierpulle- Zähne putzen und den Unmut zusammen mit dem Geschmack der letzten Tage ausspucken.
Der letzte Tag beginnt am Hippiebuffet im Wendland…
Wir haben noch einen ganzen Tag! Das ist die Einstellung, die wir brauchen, der Kaffee hilft dabei. Durch die kalte Nacht hat sich etwas Kondensat am Zelt niedergelassen, sodass wir noch warten müssen, bis wir endlich zum “All you can Bio-Veggie”-Frühstücksbuffet im Nachbarort kommen. Warten, irgendwie ist das nichts für uns. Der Magen knurrt wie Sau und so verschwindet das Zelt endlich wieder in den Satteltaschen. Der Rosenhof, schon wieder so’n Idyll und ziemlich ruhig im Gegensatz zu Meuchefitz. Vielfalt ist auch ein Markenzeichen der KLP, es ist für viele Geschmäcker was dabei, irgendwo zwischen Chortag in der evangelischen Kirchengemeinde, Punk-Fest und Rosenhof. Das Frühstück ist superlecker zubereitet und arrangiert, wenn auch nicht für einen so hippiemäßigen Preis von 12€/p.P..
…inklusive Platz in der Sonne
Für das Geld gibt es einen Tisch in der Sonne inklusive. Perfekt. Nach dem üppigen Frühstück und einige Kaffee später sehen wir uns noch die verschiedenen Ausstellungen auf dem Hof an und machen uns
schließlich auf zur Mützingenta – der “abtrünnige” Ort und KLP-Aussteiger, wie uns zuvor zugeflüstert wurde. Mützingen macht seit einigen Jahren einfach sein eigenes Dingen zur gleichen Zeit und taucht somit auch nicht im Programmheft auf. Hin wollen wir trotzdem, ist nämlich ein Tipp und soll ebenfalls ein Highlight sein.
“Wir bauen uns ein Waldbad” und wünschen uns ein Grundeinkommen. Zauberwelt Wendland.
Auf dem Weg befindet sich noch der Wunderpunkt mit dem schönen Namen “Wir bauen uns ein Waldbad”. Nach zwei Tagen ohne Dusche und bei erneutem Bombenwetter zieht es uns wie von selbst in Richtung Waldbad. So müssen sich Insekten bei Licht fühlen. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil “Wir bauen uns ein Waldschwimmbad” heißt, das Dingen ist noch nicht fertig und baden können wir somit nicht. Als Kompensation gibt es ein Spiel und eine anregende Diskussion zum Thema “Grundeinkommen”.
Was würde ich tun, wenn ich ein Grundeinkommen bekäme…?
Interessante Frage, unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten und gar nicht so einfach zu beantworten. Somit sprechen wir mit dem Organisator vor Ort eine ganze Weile, bevor es weitergeht. Unsere Wasserflaschen dürfen wir kostenfrei auffüllen, was eigentlich überall locker möglich ist. Doch Fragen hilft und ist auch freundlicher als sich wie selbstverständlich Wasser abzuzapfen. Gar nicht rabaukig, bringt aber immer das ein oder andere interessante Gespräch mit sich.
Hof zu Verkaufen im Wendland
Mit der Aussicht wenigstens nicht zu verdursten fahren wir weiter. “Hof zu verkaufen” – das ist unser Stichwort, denn wegwollen wir eigentlich nicht mehr. Auf dem Hof gibt es die “Fahrradscheune” hier finden sich Dutzende von alten Fahrrädern bis hin zu Modellen von 1900, erschwinglich und weniger erschwinglich. Zumindest nicht für unseren Geldbeutel. Wir dürfen alles besichtigen und stolpern auf einem alten Dachboden rum, während die Eigentümer bei Kaffee und Kuchen in der Sonne zusammensitzen. Wir klemmen noch schnell Werbung auf einige der Gepäckträger – vielleicht meldet sich ja wer.
Mützingenta – ein KLP Aussteiger
Auf der Mützingenta bewegen sich viele Familien, wie eigentlich überall auf der KLP im Wendland. Der Unterschied ist eigentlich nur, dass sich auf einer Wiese alles bündelt, sprich Essbuden, Handwerker, Musik, noch mehr Buden. Es beschleicht uns der Gedanke, dass das Ganze so’n bisschen wie ein alternativer Jahrmarkt ist, quasi Hippiekommerz und gleichzeitig superentspannt und interessant.
Wir setzten uns wie alle anderen auf die Wiese, lassen den lieben Gott einen guten Menschen sein, trinken das letzte Wendlandbräu und beobachten das bunte Treiben der unterschiedlichsten Menschen. Zum Schluss gibt es noch eine leckere Falafeltasche auf die Hand und mit vielen Fragen und neuen Gedanken im Kopf verlassen wir etwas traurig das Wendland.
Zu viele neue Eindrücke im Wendland – wir sind überwältigt
Die letzten 30 km fahren wir erst einmal schweigend nebeneinander her, so gewaltig sind die Eindrücke und verschieden Gespräche, die wir mit Leuten vor Ort geführt haben. Hier bildet sich ein ganz anders Leben ab, mit anderen Werten bzw. mit anderen zentralen Punkten im Leben. Diese Frage wird uns wahrscheinlich noch etwas beschäftigen.
Unser persönlicher Wunderpunkt – Dusche und Bett. Ciao Wendland.
In Uelzen endet die Tour schließlich an unseren persönlichen Wunderpunkt mit einer warmen Dusche und Seife. Gebucht haben wir ein neu eröffnetes Ökohotel, nicht bewusst, aber jetzt als Abschluss super.
Die Einrichtung ist aus unbehandeltem Holz. Wasser gibt es umsonst und einen Kühlschrank mit kalten Bio-Getränken, mit und ohne Alkohol. Zufrieden sinken wir auf zwei Hocker vor dem Hotel.
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